Hier ein Interview von Juan Pablo Sorin aus der Tageszeitung

Verlängerung - Das Sportgespräch: Heute mit HSV-Neuzugang Juan Pablo Sorin. Der Argentinier über glückliche Momente und Mate-Tee, seine innere Ruhe und Zieges Zug zum Tor.

Hier ein Interview von Juan Pablo Sorin aus der Tageszeitung dem «Hamburger Abendblatt» vom 07.10.2006
«Ich halte mich nicht für einen Sonderling»
Verlängerung – Das Sportgespräch: Heute mit HSV-Neuzugang Juan Pablo Sorin. Der Argentinier über glückliche Momente und Mate-Tee, seine innere Ruhe und Zieges Zug zum Tor.
ABENDBLATT: Herr Sorin, wir befinden uns wieder in einem Länderspiel-Wochenende. Hier werden sich alle Blicke gen Rostock richten, wo die DFB-Elf auf Georgien trifft. Haben Sie sich schon die deutsche WM-Dokumentation «Deutschland. Ein Sommermärchen.» angesehen?
JUAN PABLO SORIN: Nein. Ich habe zwar gehört, dass der Film gerade in den Kinos angelaufen ist, aber mein Interesse an diesem Stück hält sich in Grenzen. Ich glaube nicht, dass ich ihn mir anschauen werde. Nach der WM 1998 habe ich mir die französische Dokumentation angesehen, die mich sehr beeindruckt hat.
ABENDBLATT: Haben Sie die WM ansonsten gut verdaut? Wie . . .
SORIN: . . . entschuldigen Sie, aber zur WM wurde wirklich schon genug gesagt. Ich bin jetzt in Hamburg und schaue nach vorne, nicht zurück.
ABENDBLATT: Eine Frage zur argentinischen Nationalmannschaft sollte gestattet sein: Sie wurden trotz Ihrer bisherigen 75 A-Länderspiele und des Kapitänsamtes nicht zum Spiel gegen Brasilien eingeladen. Ihr neuer Trainer Basile verzichtet auch beim Test gegen Spanien am Mittwoch auf Sie. Tut das weh?
SORIN: Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, auch gerade jetzt, da viele meiner Mitspieler in Hamburg zu ihren Nationalteams gereist sind. Aber ich betrachte die Angelegenheit ganz sachlich: Ich habe kürzlich den Verein gewechselt, war danach verletzt und befinde mich noch nicht in Topform. Ich will jetzt schnellstens topfit werden und mich dann mit guten Leistungen anbieten. Mal sehen, wie die Lage dann bei den nächsten Länderspielen im November aussieht.
ABENDBLATT: Angesichts des Länderspiel-bedingten Mini-Profikaders, der unter Trainer Thomas Doll derzeit trainiert, sorgen sich einige HSV-Beobachter um den Findungsprozess des Teams. Wie lange dauert es noch, bis eine harmonische, eingespielte Mannschaft auflaufen wird?
SORIN: Das ist eine gute Frage. Die Situation ist nicht einfach für den Trainer. Aber die Hauptsache ist, dass alle Spieler am Donnerstag gesund wiederkommen. Ein kleiner Trost ist die Tatsache, dass es vielen anderen Klubs genauso ergeht wie uns.
ABENDBLATT: Ein Großteil dieser Klubs verfügt aber bereits über eine eingespielte Mannschaft. Der HSV wirkt derzeit noch wie ein Team, das eines seiner ersten Saisonspiele absolviert. Es fehlen Abstimmung und Hierarchie.
SORIN: Natürlich lief es bislang noch nicht so, wie wir alle es uns erwünscht hätten. Dafür gibt es verschiedene Gründe – Verletzte oder zu integrierende Neuzugänge gehören dazu -, aber wir sollten an diese Umstände nicht zu viele Gedanken verschwenden. Wir haben genügend Spieler, die Qualität mitbringen, um den ersten Sieg zu landen. Gegen Schalke müssen wir einfach gewinnen.
ABENDBLATT: Einige Experten meinen aber erkannt zu haben, dass der Charakter der Mannschaft, in der vergangenen Saison oft gepriesen, nicht in Ordnung sei.
SORIN: Ich bin zwar noch nicht lange in Hamburg, aber ich habe das bislang anders wahrgenommen. Und man muss keine Probleme suchen, wo es keine gibt.
ABENDBLATT: Dann erklären Sie doch einmal, wo aus Ihrer Sicht die Probleme des HSV liegen.
SORIN: Uns fehlt es an Konstanz. Wir kontrollieren zwar teilweise die Spiele, aber dann lassen wir es irgendwann schleifen und verlieren die Kontrolle. Uns fehlt das komplette Spiel und damit auch in einigen entscheidenden Situationen die Konzentration. Darum ist die jetzige Phase entscheidend. Jetzt muss sich eine richtige Mannschaft bilden, das wäre hilfreich auf dem Weg da unten raus.
ABENDBLATT: Sie sind einer der erfahrenen Profis im Team. Wissen Sie, wie man eine solche Schräglage behebt?
SORIN: Ein Patentrezept gibt es nicht. Wir müssen zusammenrücken, intern reden und nicht so viel nach außen tragen. Wir dürfen auch nicht daran denken, eine Siegesserie hinzulegen. Wir müssen bis Dezember jedes Spiel einzeln betrachten, als ob es ein Endspiel wäre. Für uns ist wichtig, als Mannschaft jeden Tag zu wachsen. In schwierigen Situationen formieren sich die wirklich großen Mannschaften. Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir dieses Jahr eigentlich genießen sollten – mit Champions League und Bundesliga. Das sollte keine qualvolle Saison sein. Dafür müssen wir sorgen.
ABENDBLATT: Welchen Einfluss können Sie persönlich nehmen?
SORIN: In diesen Momenten sind Worte nicht wichtig. Die Taten auf dem Platz und was zwischenmenschlich passiert, der Zusammenhalt, das ist entscheidend. Wir müssen unsere Fehler analysieren und gute Sachen erkennen.
ABENDBLATT: Mit Ihrem Exklub Villarreal haben Sie sich in einer ähnlichen Situation befunden.
SORIN: Das stimmt. Wir sind in der Champions League sogar bis ins Halbfinale vorgedrungen, aber in der Liga haben wir uns sehr schwer getan. Aus meiner Erfahrung heraus ist es extrem wichtig, ein Spiel zu gewinnen. Und wir glauben alle daran, dass unser Team in der Lage ist, vor unseren Fans gegen Schalke 04 diesen Sieg zu landen – egal wie.
ABENDBLATT: Wie kommt es, dass Villarreal Sie kurz nach dem Saisonstart nach Hamburg gehen ließ? Es hieß, Sie hätten Probleme mit Ihrem argentinischen Trainer Pellegrini gehabt.
SORIN: Dazu möchte ich nichts mehr sagen. Es war eine Entscheidung des Trainers, nicht mehr mit mir zu planen. Ich war überrascht, aber ich schaue nach vorne und nicht zurück.
ABENDBLATT: Aber es wirkt auf den ersten Blick nicht gerade verheißungsvoll, dass Sie seit 1994 bei neun verschiedenen Klubs in aller Welt gespielt haben.
SORIN: Das mag sein, aber ich komme grundsätzlich zu einem Verein und unterschreibe einen Vertrag, um ihn zu erfüllen. Das möchte ich auch in Hamburg.
ABENDBLATT: Stört Sie der zweifelhafte Titel «Wandervogel»?
SORIN: Nein, es ist faktisch ja richtig, dass ich viele Vereinswechsel hinter mir habe. Allerdings war ich auch vier Jahre bei River Plate in Argentinien, zweieinhalb Jahre bei Cruzeiro in Brasilien und zwei Jahre bei Villarreal in Spanien.
ABENDBLATT: Vielleicht treibt Sie innere Unruhe von Klub zu Klub.
SORIN (lacht): Nein, nein, das glaube ich nicht. Ich habe eine innere Ruhe und versichere Ihnen: Ich will meinen Vertrag in Hamburg erfüllen. Grundsätzlich ist mir wichtig dort zu sein, wo ich glücklich bin. Und die Hauptsache ist dann, dass die Ergebnisse stimmen.
ABENDBLATT: Was war der Hauptgrund für Ihre Zusage beim HSV?
SORIN: Dass der Verein mich wirklich wollte. Außerdem gilt als erstes, dass meine Familie einverstanden ist. Zum Glück hatten meine Frau und mein Schwager Hamburg bereits während der WM kennengelernt und fanden es hier sehr schön und interessant. Ein weiteres starkes Argument war die Teilnahme des HSV an der Champions League, dass es sich um einen großen Klub in Deutschland handelt und – auch wenn das jetzt vielleicht ein schlechter Moment ist, über Titel zu sprechen – die letzten großen Erfolge des Vereins lange Zeit zurückliegen. Das reizt mich. Ich will hier etwas erreichen.
ABENDBLATT: Wie ist Ihr bisheriger Eindruck von der Bundesliga?
SORIN: Positiv. Die Mannschaften spielen offensiven Fußball, es gefällt ihnen anzugreifen. Qualitativ ist der deutsche Fußball hochwertig und deckt sich mit den Eindrücken, die ich zuvor im Fernsehen gewonnen hatte. Zudem ist auffällig, dass die Klubs in der Tabelle sehr eng beieinanderliegen. Für die Liga ist das gut, weil die Kleinen die Großen schlagen können. Für die großen Vereine bedeutet das, immer auf der Hut zu sein.
ABENDBLATT: Es heißt, dass Ihre Vorbilder einst Roberto Carlos und Christian Ziege gewesen seien. Wirklich der Deutsche Ziege?
SORIN: Ja, unter anderem, aber er war nicht mein Idol. Damals habe ich nur gerne Spielern zugeguckt, die mit außergewöhnlichen Fähigkeiten die linke Seite, auf der ich auch aktiv war, bespielt haben. Ich fand Andreas Brehmes Schussstärke beeindruckend, das souveräne Zweikampfverhalten von Paolo Maldini, Roberto Carlos’ Flankenläufe und Zieges Zug über die linke Bahn. Manchmal hat er bei Bayern München wie ein Linksaußen agiert – das hat meine Aufmerksamkeit erregt.

Fuente: Hier ein Interview von Juan Pablo Sorin aus der Tageszeitung dem «Hamburger Abendblatt» vom 07.10.2006

Colaboración de Bernd Töbke, desde Hamburgo (Alemania), especialmente para www.sabado100.com.ar.

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